Kategorie: contemporary horror
Vorwort
Ein Vorwort klingt immer ein bisschen nach einer Rechtfertigung, weswegen ich es üblicherweise unterlasse. Ausnahmen bestätigen freilich die Regel, und diese Geschichte hat ebenfalls eines verdient – und nicht aus Gründen, mich zu rechtfertigen.
Der Anfang dieser Geschichte ist nun etwa sechzehn Jahre alt und entstand als Teil eines Projektes: Zu viert wollten wir je den Anfang einer Geschichte schreiben und dann reihum weiterreichen, um letztlich vier Geschichten zu erhalten, an denen wir alle mitgewirkt hatten. Mit Begeisterung hatte jede und jeder von uns mit seinem Teil begonnen, ihn in der ausgemachten Reihenfolge weitergegeben und – nichts. Es kam noch, sofern ich mich richtig erinnere, zum zweiten Teil ausgerechnet meiner Geschichte, aber die anderen drei (inklusive mir) hatten mit der entsprechenden Vorgabe nichts anfangen können. Ein fehlgeschlagenes Projekt also.
Mein Anfang dümpelte danach jahrelang in der virtuellen Schublade rum, bis ich ihn irgendwann wieder hervorkramte und mir dachte: Daraus könnte ich noch etwas machen. Wann genau das gewesen ist, weiß ich nicht mehr, aber bestimmt erst sechs, sieben Jahre danach. Den Teil, der nicht von mir stammte, habe ich dabei freilich verworfen (nicht, weil er schlecht gewesen wäre, sondern weil er nicht von mir ist).
Was ihr nun vor euch habt, ist eben jener Anfang bis zu der Stelle, an der ich ihn seinerzeit weitergereicht hatte. Er (so wie die gesamte Geschichte) wurde allerdings grundlegend überarbeitet – im Gegensatz zur Kurzgeschichte „Die Mauer“ (der eine oder die andere erinnert sich vielleicht noch daran).
Eines ist vielleicht noch erwähnenswert: das Genre. Wie bereits zugegeben, hatte ich mich früher von Autoren wie Stephen King und Clive Barker inspirieren lassen, und die Intention hinter dem genannten Projekt war, vier blutige Geschichten zu schreiben („Splatter“ nennt man das, wenn der Fokus dabei nicht unbedingt auf der Handlung liegt, sondern eher auf der expliziten Darstellung von Gewalt). Nur damit ihr wisst, was euch erwartet, sofern ihr weiterlest. 😎
Ach ja – auf die ausständigen zwei Teile lasse ich euch freilich nicht lange warten.
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„Nein. Nein. Nein.“
Unablässig wiederholte Cedric dieses Wort, während er mit seinem alten Ford Escort – der Rost sei ihm gnädig – durch die Stadt fuhr. Er flüsterte es, so als ob es Unheil bedeutete, es laut auszusprechen. Oder es nicht auszusprechen, wie um sich den Teufel vom Leib zu halten.
Das Wageninnere stank. Er stank. Es war ihm einerlei. Andere, dringendere Probleme verdrängten die verblassende Erinnerung an die letzte Dusche. Obwohl diese Probleme zugegebenermaßen ebenso mit seinem körperlichen Wohlbefinden zu tun hatten.
Was will sie von mir? Immer und immer wieder stellte er sich diese Frage, jedoch nicht einmal geflüstert. Sie spukte in seinem Kopf seit der ersten gemeinsamen Nacht. Und er kannte noch nicht einmal ihren Namen.
Er nahm die Zigarettenkippe aus dem Mund und warf sie achtlos Richtung Fenster. Sie verfehlte den nicht einmal handbreit geöffneten Spalt, prallte an der Scheibe ab und landete auf seinem Schoß, wo ihr Glimmen letztlich erlosch, ohne Schaden anzurichten. Nach einigem Hin- und Herrücken fiel sie auf den Wagenboden und gesellte sich zu längst erkalteten Stummeln, wurde eine von vielen. Manche davon waren nicht einmal zur Hälfte abgebrannt.
Cedric fuhr mit über achtzig Kilometer die Stunde über Straßen, auf denen nur vierzig erlaubt waren. Die Straßenbeleuchtung, die den Inhalt des Fords in ein Lichtspiel trüber Farben verwandelte, erlosch mit einem Mal. Scheiße, dachte er. Er verringerte sein Tempo unwesentlich, denn er war ohnehin spät dran. Er konnte nur verlieren.
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